Der Goldschatz der vom Himmel fiel by Wolf Stefan

Der Goldschatz der vom Himmel fiel by Wolf Stefan

Autor:Wolf, Stefan [Wolf, Stefan]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Tim sah die erleuchteten Fenster. Hinter einigen hingen Schleier. Keine Menschenseele im Garten. Also Aufschwung auf die Krone. Das Dach war immer noch leer. Tim saß rittlings, griff hinunter, fasste Karls Hände und zog ihn hinauf.

Klößchen blieb, wo er war. Unter seiner Jacke steckte eins der beiden Sprechfunkgeräte, die zu Lodderstegs Ausrüstung gehörten: eine Art Walkie-Talkie mit verbesserter Technik. Man musste nicht mehr umschalten von Sprechen auf Empfang, sondern konnte durch gleichzeitiges Reden für Dialog-Kauderwelsch im Äther sorgen. Aber das wäre unprofessionell gewesen.

Klößchen sollte Verbindung halten zu Loddersteg. Der hatte die Hände gerungen und das Kommando-Unternehmen als Wahnsinn bezeichnet, aber immerhin die K.o.-Tropfen mitgegeben. Mitmachen durfte Loddersteg nicht. Tim hatte ihm erklärt, TKKG seien ein eingespieltes Team. Ein Fremder würde nur stören. Dem müsste zuviel erklärt werden.

Klößchen setzte sich an die Mauer.

Tim und Karl sprangen in den Garten.

Schnell zur Hauswand. Tim schob sich unter ein erleuchtetes, ziemlich hochliegendes, vergittertes Fenster. Das Gitter war außen angebracht. Er fasste zwei Streben, stemmte die Fußspitzen gegen die Mauer und zog sich hoch.

Was er sah, ließ sein Herz hämmern.

Es war Gabys Verlies. Seine Freundin saß auf einem Diwan und hatte den Kopf in eine Hand gestützt. Mit der anderen wischte sie Tränen von der Wange.

Sie ist unversehrt, schoss es Tim durchs Hirn. Gott sei Dank! Keine Spur von Misshandlung.

Einarmiger Klimmzug. Mit dem Zeigefinger der Linken klopfte er leise an die Scheibe.

Gaby fuhr zusammen, hob sofort das Gesicht, blickte her — sah ihn an.

Warnend legte er einen Finger über die Lippen.

Unbeschreiblich — wie sich Gabys Miene veränderte. Dem sofortigen Erkennen folgte ein Strahlen wie Mittagssonne. Mit leuchtenden Augen sprang Gaby auf — und war schon am Fenster.

Sie musste sich hochrecken. Ein Bussi wurde auf die Scheibe gehaucht. Tim hätte sich fast das Gesicht zwischen den Stahlstreben eingeklemmt, als er versuchte, den gläsernen Kuss zu erwidern, was aber nicht möglich war.

Für einen langen Moment sahen sie sich tief in die Augen.

Tim gestikulierte und war sicher, dass seine Zeichensprache verstanden wurde: Ruhig bleiben! Dauert nicht mehr lange. Wir sind am Ball.

Sie nickte, sah ihm immer noch in die Augen. Ein Lächeln. Er ließ sich zu Boden gleiten.

„Was war denn das für ein Gezappel?“, wollte Karl wissen.

„Gaby ist hier eingesperrt.“

„Dachte ich mir fast. Wenn wir...“

Er sprach nicht weiter. Beide pressten sich rücklings an die Mauer. Denn fünf Fenster entfernt — wurde soeben das sechste geöffnet.

Gelächter und Stimmen wurden lauter, aber nicht so laut, als befänden sich die Verursacher hinter Fenster sechs.

Stattdessen sagte Schwitzke-Nöhl mit der nuscheligen Party-Stimme des Halbbetrunkenen: „Ich zieh’ schon mal die Korken aus den Flaschen. Jetzt ran an den Barolo (italienischer Rotwein)! Mann, Uwe! Ist ja der beste Jahrgang. Euch fehlt’s wirklich an nichts.“

Eine Knarr-Stimme antwortete. Tim verstand nicht alles, nur ein paar Worte wie: „...man lebt nur einmal...“

Mehr Gespräch war nicht. Vermutlich wegen innerhäusigen Miefs ließ Schwitzke Nachtluft herein.

Tim machte Karl Zeichen, pirschte lautlos an der Mauer entlang und kauerte sich unter Fenster sechs. Das lag nicht hoch. Aufgerichtet hätte Tim mit der Hüfte die Fensterbank berührt.

Kein Gitter. Ein Geruch von Küche. Offenbar gab’s Couscous (Brei aus Hartweizengries) mit Hammelfleisch, Würsten und Eiern.



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